Ein Mädchen namens Insel und der Feigenbaum
So stelle ich mir übrigens die Taverne “Die glückliche Feige” von Y&Y vor…
Hi und herzlich Willkommen zur Kommentarseite unseres Book Clubs “Das Flüstern der Feigenbäume” von Elif Shafak. Ihr werdet für unseren Lesemonat Mai die Möglichkeit haben, eure Gedanken, Empfindungen und Interpretationen zu jedem Kapitel des Buches zu teilen.
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Wie man einen Baum vergräbt & die Wurzeln
☁️ Wie ist dir das Lesen ergangen? Wie findest du das Buch bisher?
Ich finde, dass das Buch ein riesen Gefühl der Vebundenheit auslöst und das obwohl ich bisher noch keine Verbindungen zu Zypern habe. Und so kitschig es auch klingt, aber niemals hätte ich gedacht, dass ich mich von einem Feigenbaum so verstanden fühle. Wie originell ist es, einem Feigenbaum einer Stimme zu geben, da der Feigenbaum selbst so tief mit und in dieser Geschichte wurzelt und so viele Erinnerungen, Geschichten und sogar Traumata mit sich trägt.
“[…] Oder dass die Jahresringe eines Baums nicht nur sein Alter verraten, sondern auch Traumata wie Waldbrände, und dass in jeden Ring eine Nahtoderfahrung eingeritzt ist wie eine nie verheilte Wunde? Oder dass auch der Duft eines frisch gemähten Rasens, dem die Menschen Sauberkeit und Erneuerung, Frische und Lebensfreude zuordnen, in Wirklichkeit ein Warn- und Hilferuf für andere Pflanzen ist?.” (S. 69, Kein & Aber Verlag).
Habt ihr auch das Gefühl, dass ihr eure Umgebung und die Natur jetzt nochmal ganz anders wahrnehmt oder bin nur ich das? Der Abschnitt, in dem u.a. über die Menschen-Zeit und Baum-Zeit erzählt wird oder wie Bäume ihr Sehvermögen einsetzen war für mich 🤯 wir können so viel von Bäumen lernen..
“Trotzdem dauerte es sieben Jahre, bis ich wieder Früchte trug. Denn so wirken sich Emigration und Umsiedlung nun einmal auf uns aus: Wer seine Heimat verlässt und ins Unbekannte zieht, macht dort nicht nahtlos weiter wie zuvor. Ein Teil von einem stirbt innerlich ab, damit ein anderer Teil neu beginnen kann.” (S. 84, Kein & Aber Verlag) - wow.
Ein weiteres Highlight und weshalb ich mich auch nochmal so sehr verbunden fühle: wie das Thema Essen, die einzelnen Zutaten und Beschreibungen auf türkisch und griechisch in dem Buch thematisiert wird. Ich gebe zu, dass ich voll oft Hunger bekomme, wenn ich die Zeilen lese 🤣 vor allem als ich die Speisekarte von der Taverne gesehen habe (so ein cooles literarisches Stilmittel übrigens - ich liebe das, wenn Autoren und Autorinnen Schreibstile brechen). Und auch hier zeigt sich wieder, dass Essen so tief und stark in Kulturen verankert ist. Oder wie Tante Meryem sagen würde: “Wer die Küche seiner Vorfahren nicht kennt, weiß nicht, wer er ist.”
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Die Äste und der Stamm - Zitate:
“Dort anzukommen ist dir vorbestimmt. Doch eile nicht au diner Reise.” (Eine Taschenuhr als Kette on Yusuf an Yiorgos
“Weißt du, was ich seitdem glaube? Ichglaube, dass du mein Land bist. Das klingt komisch, ich weiß. Aber ohne dich habe ich kein Zuhause auf dieser Welt. Ich bin ein entwurzelter Baum, nichts hält mich mehr am Boden fest.” (Abschiedsbrief von Kostas an Defne)
“Kosta hatte ihr einmal erzählt, dass man die Früchte in Peru, wo die Tomate angeblich herkam, vor lange Zeitals “eine Art Pflaume mit Nabel” bezeichnet hatt. Diese Bezeichnung hatte ihr sehr gefallen. Alles im Leben sollte mit dieser Sorgfalt beschrieben sen, anstatt einen abstrakten Namen zu erhalten, der aus einer willkürlichen Buchstabenombination bestand. Ein Vogel sollte “gefedertes Wesen mit Gesang” genannt werden, ein Auto “etwas aus Metall mit Reifen und einer Hupe”, eine Insel “etwas Einsames mit Wasser ringsum.” Und die Liebe? Bis zu diesem Tag hätte sie die Frage wohl anders beantwortet, doch nun war sie sich siche: “Etwas Trügerisches, anderen End das Herz bricht”. (Defnes Reaktion auf den Abschiedsbrief)
„Wo Krieg und leidvolle Trennung herrschen, gibt es keine Sieger, weder menschliche noch andere“. (der Feigenbaum über die Zeit, als die Feigenbäume auf der Insel gelitten haben, weil sie zu Flüchtlingen in ihrem eigenen Land wurde).
“Es gibt Situationen im Leben, in denen jeder zum Kämpfer werden muss. Als Dichter kämpft man dann mit Worten, als Maler mit Bildern… Keiner darf sagen “Tut mir Leid, ich bin Dichter und halte mich raus.” Das geht einfach nicht angesichts von so viel Leid, Ungleichheit und Ungerechtigkeit.” (Defne in der Taverne mit Kostas, David und zwei weiteren Freunden)
“Das liegt doch auf der Hand. Was wir hier machen hat nichts mit Politik oder Macht zu tun. Hier geht es um Trauer und Erinnerung. Und mit beidem kennen sich Frauen besser aus.”
“Auch Männer erinnern sich”, widersprach Kostas. “Und sie trauern.” (Ein Gespräch zwischen Kostas und Defne warum mehr Frauen als Männer mitarbeiten)
„Die, die geblieben sind, mussten mit den Wunden umgehen, und später mit den Narben, das war bestimmt sehr, sehr schmerzlich“, erwiderte Kostas. „Aber wir… wir Ausreißer, wenn du so willst… hatten nie eine Chance zu heilen. Unsere Wunden sind bis heute nicht geschlossen.“ (Kostas zu Defne)
☁️ Zu Kapitel 1 & 2- Reflexionsfragen:
Wie gefällt dir die Erzählstimme des Feigenbaums?
Wie würdest du die Beziehung zwischen Ada und Kostas beschreiben? Wie gehen beide mit ihrer Trauer um?
Was war dein erster Eindruck von Tante Meryem?
Gibt es bestimmte Abschnitte oder Zeilen, die du markiert hast und wenn ja, was sind deine Gedanken dazu?
☁️ Zu Kapitel 3 & 4:
Haben euch bestimmte Zitate zum Nachdenken gebracht? Wie fandet ihr das Aufeinandertreffen von Kostas und Defne?